Nachhilfe

Am 27. Januar berichtete das Hamburg Journal über die Suche einer Rollstuhlnutzerin nach einer Frauenarztpraxis. Gleichzeitig wurde auf unsere Befragung hingewiesen und unsere Erfahrung, dass zu viele Frauen mit Behinderung überhaupt keine gynäkologische Versorgung haben.

Im Film besuchte die Frau eine gynäkologische Praxis und das war ein so typisches Beispiel. Automatischer Türöffner war da, funktionierte aber nicht. In der Praxis hätte sie sich nicht in der dafür vorgesehenen Kabine Aus- und Anziehen können: Zu eng. Auf den gynäkologischen Stuhl wäre sie nicht gekommen: zu hoch, keine Armlehnen, kein Halt für die Beine. Der Arzt war ganz erstaunt! Er wusste nicht, welche Bedarfe eine Patientin im Rollstuhl hat. Es müsste einen Leitfaden geben, sagte er dem NDR. Ja, genau! Rief ich zum Fernseher, wissen wir, haben wir, will aber die Kassenärztliche Vereinigung nicht. Die KV hat unsere Arbeit für mehr Transparenz über die konkreten Bedingungen in Arztpraxen herabgesetzt mit der Aussage, wir würden nur messen statt beraten und sie seien froh, dass das Vorhaben beendet ist. Ja, es ist gescheitert, weil wir weder in der Ärzteschaft noch bei der KV Gehör fanden. Es gäbe keine Probleme mit der Arztsuche. Alle Daten seien doch verfügbar bei der KV. Das stimmt eben nicht und der Beitrag im NDR hat in 2,5 Minuten gezeigt, dass es an Wissen und Problembewusstsein fehlt.

Mir fehlt es mittlerweile an Worten für die zutage getretene Haltung und für den unhaltbaren und doch hingenommenen Zustand, dass Frauen mit Behinderung nicht einmal eine Krebsfrüherkennung in der Gynäkologie bekommen, wenn sie nicht auf den Stuhl klettern können. Hamburg, Anfang 2024.

Kerstin Hagemann

Hier der Link zum Beitrag im Hamburg Journal

28. Januar 2024 by Redaktion
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40 Jahre Patienten-Initiative – der NDR berichtet

Heute, am 7. Januar 2024, berichtete das Hamburg Journal über unser bevorstehendes Jubiläum. Am 10. Januar 1984 erschien die erste Schlagzeile zum Bernbeck-Skandal in der Hamburger Morgenpost.

Hier könnt ihr dein Beitrag anschauen.

 

07. Januar 2024 by Redaktion
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Es geht uns alle an!

Es ist mehr als ein Alarmzeichen.

Wenn der AfD-Politiker Biörn Höcke das Ende der Inklusion und damit die aktive Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung fordert, ist das kein Zufall und kein Ausrutscher. In der AfD wird wiederholt gefordert, Menschen, die nicht in das Weltbild des völkischen Nationalismus passen, zu entrechten oder aus dem Land zu werfen.

Wer so denkt und spricht, stellt die Würde des Menschen als Individuum, die Universalität von Menschenrechten und damit die Grundlagen unserer demokratischen Gesellschaft in Frage.

Abwertung und Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung sind in der AfD längst zum Programm geworden, genauso wie die Abwertung und Ausgrenzung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer selbstbestimmten geschlechtlichen Identität.

Wir lassen nicht zu, dass Ideologien der Ungleichwertigkeit von Menschen weiter Raum greifen, die an die dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte erinnern. Wir rufen die Zivilgesellschaft auf, sich der Gefahr, die von einer solchen Agenda für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft ausgeht, gemeinsam und entschlossen entgegenzustellen.

Es geht uns alle an.

Wir alle sind gefordert. Die Alarmzeichen sind nicht zu übersehen

Unterzeichnende Organisationen:

  • Der Paritätische Gesamtverband
  • Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband
  • Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft
  • Deutsche Aidshilfe
  • Arbeiterwohlfahrt Bundesverband
  • Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland
  • Sozialverband Deutschland SoVD
  • Bundesvereinigung Lebenshilfe
  • Dachverband Gemeindepsychiatrie
  • Bundesverband evangelische Behindertenhilfe
  • Anthropoi Bundesverband
  • Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
  • Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie
  • Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen
  • Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen
  • Fachverband Drogen- und Suchthilfe
  • Guttempler in Deutschland
  • Werkstatträte Deutschland

Erschienen als Anzeige in der WELT am Sonntag am 27.8.2023.

 

21. September 2023 by Redaktion
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Lauterbach verspielt die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)

Gemeinsame Pressemitteilung der maßgeblichen Patientenorganisationen

Wie gestern dem Deutschen Ärzteblatt zu entnehmen war, ist hinter den Kulissen und ohne jede Einbindung der maßgeblichen Patientenorganisationen eine „Einigung“ über die Neuorganisation der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-SV) und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auf Staatssekretärsebene ausgekungelt worden. In einem Schreiben, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, sichert das BMG dem GKV-SV zu, dass er in Zukunft die Finanzen, den Vorstand, die Themen und Zielgruppen der Beratung, die Qualifikation der Berater*innen und die wissenschaftliche Begleitung der UPD bestimmen kann.

Damit liefert Minister Lauterbach die Unabhängige Patientenberatung Deutschland vollständig den Krankenkassen aus. Ausgerechnet der Teil der Selbstverwaltung, der seit mehr als 15 Jahren am häufigsten Anlass zur Kritik der Patient*innen bietet, soll nun das absolute Sagen haben. Das BMG hat die maßgeblichen Patientenorganisationen an keiner Stelle befragt oder gar einbezogen in die Überlegungen zum Umgang mit der öffentlich erklärten Weigerung des GKV-SV, das beschlossene Gesetz umzusetzen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die Patientenorganisationen aber intensiv an der Neuaufstellung der UPD-Stiftung beteiligt werden.

Die maßgeblichen Patientenorganisationen erklären daher einhellig, dass sie nicht an einer UPD mitwirken werden, die so vollständig unter der Regie des GKV-SV steht, wie es derzeit aussieht. Um dem GKV-SV nicht vollständig das Feld zu überlassen, werden sie aber nicht auf ihr bisher zugestandenes Recht verzichten, den Vorstand vorzuschlagen. Sie sind auch weiterhin bereit, eine unabhängige Beratungsarbeit auf allen Ebenen maßgeblich mitzugestalten und eine öffentlich begleitete transparente Qualitätsentwicklung im Sinne der Ratsuchenden zu gewährleisten. Dazu braucht es aber den politischen Mut, ein solches System unabhängig von Kostenträgern, Leistungserbringern und Industrie zu organisieren und zu finanzieren. Der GKV-SV ist hier offensichtlich nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.
Die maßgeblichen Patientenorganisationen stehen bereit für eine wirklich unabhängige Lösung im Sinne der Ratsuchenden.


Maßgebliche Patientenorganisationen:

  • BAG SELBSTHILFE e.V.
  • Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen
  • Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V.
  • Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V.
  • Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD)
  • Sozialverband VdK Deutschland e.V.
  • Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

29. August 2023 by Redaktion
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Barrierefreie gynäkologische Arztpraxen – Fehlanzeige

Dieser Eintrag ist über vier Jahre alt.Wir müssen kein Wort ändern, es gibt keine Verbesserungen.

Immer wieder taucht diese Frage in den sozialen Medien auf. @LauraGehlhaar twitterte: „Drei von meinen rollstuhlfahrenden Freundinnen haben noch nie oder seit über 12 Jahren keine gynäkologische Untersuchung gehabt. Gründe: keine barrierefreien Praxen, Scham.“

Die Kommentare zu diesem Tweet ähneln sich und bestätigen diese Misere. Anruf in der Arztpraxis, es soll barrierefrei sein, dort ankommen und vor den Treppen stehen. Arztpraxis zieht vom barrierefreien Neubau in Altbau um. Der Zugang ist barrierefrei, aber man kommt weder auf die Toilette noch auf den Untersuchungsstuhl. Termine können nicht per Mail vereinbart werden, sodass gehörlose Patientinnen und Patienten sich nicht anmelden können. Assistenzhunde dürfen nicht mitgenommen werden. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Es ist ein Skandal, dass Menschen mit Behinderung ihr Recht auf freie Arztwahl nicht wahrnehmen können. Frauen, die noch nie bei einer gynäkologischen Untersuchung waren, weil sie keine zugängliche Praxis finden?! Dieser Zustand ist unerträglich. Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf eine medizinische Versorgung wie alle anderen auch. Es wird hingenommen, dass die UN-Behindertenrechtskonvention genau diesen gleichberechtigten Zugang in der gleichen Qualität und Bandbreite zur gesundheitlichen Versorgung vorschreibt (Artikel 25), die Realität in Deutschland davon allerorten weit entfernt ist.

Wir haben uns mit unserem Projekt „Barrierefrei. Wir sind dabei“ vorgenommen, zuerst einmal mehr Transparenz darüber herzustellen, wo was zu finden ist. Denn es gibt leicht zugängliche Praxen und engagierte Ärztinnen und Ärzte, für die die Behandlung von Menschen mit Behinderung selbstverständlich dazu gehört. Wir erheben Daten zu den genauen Bedingungen in den Praxen und veröffentlichen die Informationen in der Web-App planB.hamburg. Die Datenbank wächst langsam. Von einem Stadtplan zur gesundheitlichen Versorgung sind wir weit entfernt. Aufgezeigt haben wir den erheblichen Bedarf an mehr Transparenz und mehr Barrierefreiheit für die unterschiedlichen Bedarfe. Es geht ja nicht nur um die berühmte Rampe für rollstuhlnutzende Menschen.

Barrierefreiheit muss ein verpflichtendes Kriterium für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte werden. Politik und Selbstverwaltung müssen handeln und entsprechende Vorgaben und Anreize setzen. Sonst lesen wir noch in 10 Jahren bei Twitter, dass Frauen nicht zur Krebsfrüherkennung können, obwohl sie diese Untersuchung in Anspruch nehmen wollen.

18. Juli 2023 by Redaktion
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Keine Beschwerden über fehlende Informationen zur Barrierefreiheit?

Am 23. März berichtete der NDR im Hamburg Journal über das Aus unserer WebApp. Die Kassenärztliche Vereinigung nahm schriftlich Stellung und behauptete, das Projekt nach Kräften unterstützt zu haben.

Das wäre möglich gewesen, wenn ein Interesse an der Bestandsaufnahme zu den Bedingungen der Barrierefreiheit in Arztpraxen da gewesen wäre. War es aber nicht, wie dieses Statement in dem Fernsehbeitrag zeigt:

Vergrößerung eines Laptop-Bildschirms, darauf ein eingeblendeter Text: Da uns keinerlei Beschwerden hinsichtlich der Suche nach barrierefreien Praxen in Hamburg erreichen, gehen wir davon aus, dass diese Informationen hilfreich und ausreichend sind. Kassenärztliche Vereinigung Hamburg

„Da uns keinerlei Beschwerden hinsichtlich der Suche nach barrierefreien Praxen in Hamburg erreichen, gehen wir davon aus, dass diese Informationen ausreichend und hilfreich sind.“ Kassenärztliche Vereinigung Hamburg

Das ist eine zynische Bemerkung, die auch unsere Arbeit herabsetzt. Die Probleme waren ja gerade der Anlass für uns, eine zuverlässige Suche mit genauen Angaben zu den Gegebenheiten zu entwickeln. Was soll eine Rollstuhlfahrerin mit der Information in der Arztsuche der Kassenärztlichen Vereinigung anfangen, dass ein „bedingt rollstuhlgeeignetes WC“ vorhanden sein soll? Welche Bedingung ist wohl gemeint? Die Tür ist nicht zu schließen, aber ein Haltegriff ist da? Händewaschen ist möglich, aber das WC nicht erreichbar?

Es ist doch leicht nachzuvollziehen, dass Kriterien, in denen mehrere Informationen zusammengefasst sind, eben nicht „ausreichend und hilfreich“ sind. Was fehlt in diesem Beispiel? Mindestens Angaben zur Türbreite, der Bewegungsfläche vor, links und rechts neben dem WC und die Information, ob (klappbare) Haltegriffe vorhanden sind.

PlanB.hamburg war ein Instrument, mit dem die genauen Daten erfasst und veröffentlicht werden konnten. Es hätte ein Vorzeigemodell sein können, auch und gerade für die Kassenärztliche Vereinigung. Stattdessen: den Wert des Projekts herabsetzen und behaupten, es lägen keine Beschwerden vor und darum sei doch alles in Butter!

Das ist die Haltung der Institution, die für die ambulante Versorgung aller Hamburger*innen verantwortlich ist. Verantwortlich auch für die Versorgung derjenigen, die mit einer Behinderung leben und große Mühe haben, passende Praxen zu finden.

„Bedingt barrierefreies WC“, bevor ich mich als Rollstuhlfahrerin in eine Praxis traue, die das angibt, muss ich dort anrufen. Viele Praxen sind telefonisch nicht mehr zu erreichen, aber selbst wenn: Die Informationen, wie breit die Tür ist und wieviel Platz neben dem WC ist, kann spontan sicher nicht beantwortet werden.

Sinnvoller ist dann ein Anruf in der Kassenärztlichen Vereinigung. Vielleicht liegen dort Informationen vor? Falls nicht: Beschweren! Wenden Sie sich gern an uns. Wir sammeln diese Anfragen und werden die Probleme an die Kassenärztliche Vereinigung weiterleiten.

 

15. Juni 2023 by Redaktion
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PlanB ist nicht mehr online

Alles in allem hat die Patienten-Initiative an dem Thema Barrierefreiheit in der gesundheitlichen Versorgung acht Jahre gearbeitet. Unser Ziel war, ein Instrument für die genaue Erhebung von Kriterien zur Barrierefreiheit in Arztpraxen zu entwickeln und diese Informationen für die Suche nach passenden Praxen für Patient*innen mit Behinderung zu veröffentlichen.

Das ist uns mit der WebApp PlanB.hamburg gelungen!

Schlüsselaufgabe im Projekt war es, Ärzt*innen zur Teilnahme zu gewinnen. Es gab viele Absagen und die App füllte sich nur im Schneckentempo. Das Thema hat keine Priorität im Praxisalltag. Ab 2020 beteiligte sich die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg und wollte die Ansprache von Arztpraxen übernehmen. Wir waren zuversichtlich, dass mit dieser Verabredung die Zahl der teilnehmenden Arztpraxen rasch steigen würde. Die Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Über die KV sind uns nur wenige Praxen genannt worden. Unsere Anregungen für eine höhere Inanspruchnahme liefen ins Leere.

Im April letzten Jahr übernahm die LAG Hamburg das Projekt. Wir nahmen an, dass mit diesem starken Bündnis eine höhere Durchsetzungskraft verbunden wäre. Die WebApp verblieb in unserer Trägerschaft.

Wir haben als Patientenorganisation ein Instrument vorgelegt, mit dem zumindest mehr Transparenz als erste Voraussetzung für die Inanspruchnahme der vertragsärztlichen Versorgung erreicht werden könnte.

Bei über 5000 niedergelassenen Ärzt*innen müssten aber die verantwortlichen Akteure für die Umsetzung aktiv werden und wir sehen hier zuerst die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg in der Pflicht.

Die KV Hamburg hält die Arztsuche nach Kriterien zur Barrierefreiheit in der WebApp nicht für sinnvoll und favorisiert die Angaben von ihren Mitgliedern. Auf der Website heißt es: „die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg kann deshalb nicht für die Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Daten garantieren.“

Unvollständige und fehleranfällige Daten waren vor acht Jahren der Anlass für unsere Projektidee. Wir sind also wieder am Ausgangspunkt angekommen. Die WebApp erfüllt unter diesen Voraussetzungen ihren Zweck nicht länger und wir haben die Anwendung Ende März vom Netz genommen. Wir können die laufenden Kosten für Support und Aktualisierung der Daten nicht tragen.

Natürlich sind wir enttäuscht, dass der Einsatz keine größeren Früchte getragen hat. Dennoch sehen wir den Erfolg, denn wir haben bewiesen, dass eine verlässliche Arztsuche mit aussagekräftigen Kriterien möglich ist. Das hätte ein Leuchtturmprojekt für Hamburg sein können, wenn alle an einem Strang gezogen hätten.

Mehr zur Geschichte des Projekts ist hier nachzulesen.

 

28. April 2023 by Redaktion
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BAG SELBSTHIFLE fordert Neuregelungen im SGB V 

Finanzierungsstopp der Koordinierungsstelle aller Patientenorganisationen entzieht Umsetzung der Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen die Grundlage

Düsseldorf/Berlin, 02.02.2023. Die maßgeblichen Patientenorganisationen nach § 140f SGB V sorgen seit fast 20 Jahren für eine wirkungsvolle und kompetente Vertretung der Belange von Patient*innen in zahlreichen Gremien des Gesundheitswesens. Dies ist nur durch die Organisation des Beteiligungsgeschehens seitens der BAG SELBSTHILFE als Koordinierungsstelle möglich. Ihre Arbeit ist für die Organisation der Patientenbeteiligung vor allem auch im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) existenziell, denn zur Regelung der Beteiligung gehört das Monitoring aller Vorgänge in gesetzlich benannten Gremien wie dem G-BA, Zulassungs- oder Qualitätssicherungsausschüssen, die Suche nach geeigneten Patientenvertreter*innen, die Prüfung der Eignung und Unabhängigkeit vorgeschlagener Personen und die ordnungsgemäße Herstellung des Einvernehmens jeder einzelnen Benennung in Hunderten von Gremien und Tausenden von Sitzungen jedes Jahr. Der hiermit verbundene personelle Aufwand wurde bislang im Wege der Projektförderung durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Der nun geplante Finanzierungsstopp bedeutet das Aus für die zukünftige Beteiligung der Interessensvertretung aller Patient*innen in den entscheidenden Gremien des Gesundheitswesens.

„Bei Regierungsantritt wurde im Koalitionsvertrag eine Weiterentwicklung der Patientenbeteiligung angekündigt. Es ist für uns schlichtweg nicht nachzuvollziehen, warum das Gesundheitsministerium mit dem jetzt eingeleiteten Vorhaben, der Umsetzung zur Patientenbeteiligung jegliche Grundlage entzieht. Es müssen umgehend entsprechende Regelungen im SGB V geschaffen werden, die eine stabile Refinanzierung der Arbeit der Koordinierungsstelle Umsetzung der Patientenbeteiligung auf der Bundesebene ermöglichen. Gleiches gilt auch für die Patientenbeteiligung auf der Landesebene, die ebenfalls fast überall von der Selbsthilfe geschultert wird“, fordert Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE und Sprecher des Koordinierungsausschusses der Patientenvertretung im (G-BA).

Bei ihrer Forderung wird die BAG SELBSTHILFE von den maßgeblich anerkannten Patienten – und Selbsthilfeorganisationen, wie dem Deutschen Behindertenrat (DBR), der BundesArbeitsGemeinschaft der PatientInnenstellen (BAGP), der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. und der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. unterstützt, die sich mit einem entsprechenden Brief an den Finanzminister gewandt haben, denn von dem Finanzierungsstopp der Koordinierungsstelle sind sie gleichermaßen betroffen.

Patientenorientierung im Gesundheitswesen ist nur mit der Selbsthilfe und nicht gegen die Selbsthilfe möglich. Die Zahl der Gremien und Beteiligungsformen, die der Gesetzgeber für die Interessenvertretung der Betroffenen vorgesehen hat, ist stetig gewachsen. Inzwischen kann man auf Bundes-, Landes-, kommunaler und sogar der europäischen Ebene von Hunderten verschiedener Möglichkeiten der strukturierten und geregelten Beteiligung ausgehen. Allein im G-BA sind derzeit mehr als 250 sogenannte sachkundige Personen als Patientenvertreter:innen im Einsatz. Diese Aufwände für die Organisation der Interessenvertretung und der Patientenbeteiligung dürfen nicht länger als „nicht förderfähig“ abqualifiziert werden“, betont Dr. Martin Danner.

Pressemeldung der BAG SELBSTHILFE

 

12. Februar 2023 by Redaktion
Categories: Patientenvertretung, Pressemitteilung extern | Kommentare deaktiviert für BAG SELBSTHIFLE fordert Neuregelungen im SGB V 



Arztpraxen müssen barrierefrei sein!

Berlin. Anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte die Bundesregierung in der nachfolgenden Pressemitteilung auf, die Weichenstellungen für ein inklusives Gesundheitssystem rasch vorzunehmen.

„Menschen mit Behinderungen sind besonders auf medizinische Unterstützung angewiesen, können sie aber oft nicht in Anspruch nehmen, weil Arztpraxen nicht barrierefrei sind“, sagt Britta Schlegel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Instituts. Das Gesundheitswesen müsse inklusiver und barrierefreier werden – und zwar flächendeckend. Das umfasse nicht nur den Abbau von physischen Barrieren, sondern auch von kommunikativen Hürden, etwa für Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen. „Wer im Gesundheitsbereich arbeitet, muss die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen kennen und auf sie eingehen können. Weil das vielerorts nicht der Fall ist, sind Aus- und Weiterbildungsangebote für medizinisches Personal dringend notwendig,“ so Schlegel.

Das Institut fordert deshalb die zügige Entwicklung des im Koalitionsvertrag vorgesehenen „Aktionsplans für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen“. Damit der Aktionsplan tatsächlich Verbesserungen bewirken kann, müssen Menschen mit Behinderungen aktiv an seiner Erstellung beteiligt werden. „Das Bundesgesundheitsministerium sollte die Expertise von Menschen mit Behinderungen bei der Erstellung des Aktionsplans von Anfang an einbeziehen“, fordert Schlegel.

Laut Bundesteilhabebericht 2021 sind lediglich 21 Prozent der Arztpraxen für Menschen, die einen Rollstuhl nutzen, zugänglich und nur 13 Prozent erfüllen mindestens ein weiteres Kriterium der Barrierefreiheit wie höhenverstellbare Untersuchungsmöbel oder barrierefreie Sanitäranlagen. Ein Überblick über die Barrierefreiheit von Arztpraxen auf der Grundlage eines bundesweit einheitlich definierten Kriterienkatalogs, der alle Arten von Beeinträchtigungen berücksichtigt, fehlt bislang.

02. Februar 2023 by Redaktion
Categories: Barrierefreiheit, Teilhabe | Tags: , | Kommentare deaktiviert für Arztpraxen müssen barrierefrei sein!



Hamburg hat keine gesicherte Patientenbeteiligung

Die LAG für behinderte Menschen fordert Umsetzung des Stärkungsgesetzes

Zum 3. Dezember, dem internationalen Tag der Menschen mit Behinderung, mahnt die Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen (LAG) die Umsetzung des Versorgungsstärkungsgesetzes für die Beteiligung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen an. Die LAG gehört zu den Organisationen der Patientenvertretung auf Landesebene, die eine professionelle Koordination einfordert für die Werbung, Schulung und Unterstützung der ehrenamtlichen Patientenvertreterinnen und –Vertreter. Ihre Beteiligung ist in diversen ärztlichen und (zahn)ärztlichen Landes- und Versorgungsgremien, Zulassungs- und Berufungsausschüssen vorgesehen, aber ohne professionelle Zuarbeit überhaupt nicht leistbar.

„Seit drei Jahren stellt man uns eine Stelle in Aussicht, die die Beteiligung der Selbsthilfe in den Gremien unterstützt. Inzwischen ist hier eine große Lücke entstanden,“ so Kerrin Stumpf vom Vorstand der LAG. „Wie machen uns weiter gemeinsam dafür stark, dass die Stelle bei der Verbraucherzentrale entsteht, damit chronisch Erkrankte und behinderte Menschen ihre Gremienvertretung wieder wahrnehmen können.“

Die Kostentragung für die Unterstützung auf Landesebene für Abstimmungstreffen, Koordinierung insbesondere im Benennungsverfahren sowie Fortbildung oder Schulung der Patientenvertreter („in vergleichbarer Weise wie auf der Bundesebene“) liegt gesetzlich zu gleichen Teilen bei der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Verbänden der Krankenkassen und der Ersatzkrankenkassen. „In der Verhandlung steckt der Teufel im Detail“, so Stumpf. „Doch uns platzt der Kragen, wenn ohne Koordination des Ehrenamts die Rechte von Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen auf der Strecke bleiben.“ Die LAG erwartet zeitnah von den Verantwortlichen eine Lösung.

Hamburger LAG für behinderte Menschen

www.lagh-hamburg.de

Hintergrund: Die Beteiligungsrechte der Patientenvertretung sind durch das Gesetz definiert. Im Mittelpunkt stehen der § 140f SGB V und die Patientenbeteiligungsverordnung. Die für die Wahrnehmung der Interessen der Patient*innen und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen sind „maßgebliche Organisationen“ benannt worden, die auch auf Landesebene aktiv sind. In Hamburg sind das KISS, LAG und Verbraucherzentrale und Patienten-Initiative. Wir haben allerdings als Institution ohne öffentliche Förderung diese Funktion schweren Herzens aufgegeben, weil sie einfach ohne jede Finanzierung nicht zu leisten ist.

Für eine Sicherung der Patientenvertretung in Hamburg ist die geplante Stelle unerlässlich!

04. Dezember 2022 by Redaktion
Categories: Allgemein | Kommentare deaktiviert für Hamburg hat keine gesicherte Patientenbeteiligung



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