Über den Tellerrand geschaut


Kriterien zur Barrierefreiheit, die für Krankenhäuser wichtig sind, haben wir bei den Besuchen in den Kliniken so genau überprüft, dass seither innerlich die Checkliste auch im Restaurant oder Kino abgehakt wird: Speisekarte kontrastreich? Eingang schwellenlos?
Ich war neugierig darauf, ob sich die Kriterien der Checkliste und unsere Erfahrungen auf ein Hotel übertragen lassen. Nach der Anfrage bei Scandic Hamburg wurde ich eingeladen, mir das Haus anzusehen. Scandic ist eine skandinavische Hotelkette und „stets auf die Umwelt, die soziale Verantwortung und die Barrierefreiheit bedacht“. Tatsächlich haben die Hotels nicht nur das eine barrierefreie Zimmer, das mittlerweile viele Hotels bieten. Bei Scandic sind viele Zimmer barrierefrei und über Details informiert das Internet:

„Wir sind uns bewusst, dass jedes Handicap anders ist und daher bieten wir detaillierte Informationen zu barrierefreien Einrichtungen auf unseren Hotel-Webseiten an. Wir haben den Weg unserer Gäste durch das gesamte Hotel nachverfolgt – vom Parkplatz zum Eingangsbereich mit Empfang, vom Restaurant zu den Aufzügen, vom Treppenhaus zu den barrierefreien Zimmern.“

Eingang ins Hotel Scandic

Ein ausführlicher Katalog mit den vorhandenen Standards der Barrierefreiheit bezieht sich hauptsächlich auf die leichte Zugänglichkeit für Rollstuhlnutzer_innen. Aber auch Höranlagen an der Rezeption und den Tagungsräumen sind obligatorisch so wie die Ausschilderung in Braille-Schrift.

Rezeption im Hamburger Scandic Hotel

Tja, das fand ich richtig schade! Der erste Eindruck an der Rezeption. Kein abgesenkter Bereich für Rollstuhlnutzer_innen, sondern eine glänzende Fläche, die wie eine Barriere wirkt. Es wäre viel gewonnen, wenn an einer Seite diese Metallblende einfach entfernt werden würde. Und ich wundere mich, dass das noch nicht passiert ist, denn das Hotel wird von vielen Rollstuhlfahrer_innen gebucht. Die bestimmt auch diesen eher abweisenden Eindruck gewonnen haben.

Bar und Restaurant: alles prima. Die Tische unterfahrbar und genug Platz. Auch in den Zimmern gibt es viel Bewegungsfläche und die Räume sind mit bodentiefen Fenstern hell und bieten Ausblick, ohne sich über die Brüstung recken zu müssen. An folgenden „Kleinigkeiten“ freuen sich Rollstuhl fahrende Gäste: Haken für Handtücher und Kleidung in 120 cm Höhe. So wie auch die Brause der Dusche. Wie oft habe ich mich schon geärgert, weil ich die Jacke nicht auf den unerreichbar hoch hängenden Kleiderbügel hängen konnte (in Rollstuhlzimmern!) und mir jemand die Duschbrause von „Fußgängerhöhe“ nach unten ziehen musste. Im Scandic ist daran gedacht worden und das hebt sich wohltuend von anderen Anbietern ab. Es zeigt, dass bei der Planung mitgedacht wurde.

Bügel im Scandic

Die baulichen Bedingungen sind das eine. Mindestens genau so wichtig ist es, dass die Mitarbeiter_innen gut geschult sind, um „allen Gästen, mit oder ohne Behinderungen, das gleiche hohe Serviceniveau zu bieten“, so mein Gesprächspartner nach dem Rundgang durch das Hotel. So üben die Mitarbeiter_innen, bereits bei der Buchung nach den besonderen Bedürfnissen zu fragen, damit alles Notwendige vorbereitet werden kann. Toll. Da konnte ich doch gleich die Parallele zu den Krankenhäusern ziehen. Da wäre es auch eine gute Idee, vor geplanten stationären Behandlungen zu erfragen, worauf geachtet werden muss, damit die Patientin oder der Patient möglichst beruhigt und ohne zusätzlichen Stress in die Klinik kommt. Eine Anregung, die wir bestimmt in unseren Katalog aufnehmen werden.

Vielen Dank an das Scandic Emporio Hamburg für die Offenheit und der Espresso war ausgezeichnet!




Veröffentlicht am 10. August 2014 von Redaktion
Kategorien: Allgemein


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