Chronik – chronologisch


1984 – Wie es begann

Am 10. Januar löste die Schlagzeile „Chefarzt operierte uns zu Krüppeln“ in der Hamburger Morgenpost den Skandal um den Orthopäden Prof. Dr. Dr. Dr. Rupprecht Bernbeck aus. Mehr als 200 geschädigte Bernbeck-Patientinnen und Patienten melden sich innerhalb weniger Wochen, die Patienten-Initiative wird gegründet, eine unabhängige Aufklärung, unbürokratische Schadensregulierung sowie eine unabhängige Patienten – Beschwerdestelle werden gefordert.
Die Patienten-Initiative berät in monatlichen Veranstaltungen Betroffene, wertet die Erfahrungen aus und informiert die Presse.
Im Herbst entlastet die so genannte „unabhängige Kommission“ der Gesundheitsbehörde Bernbeck in ihrem Gutachten. Nachdem nachgewiesen wird, dass die Sachverständigen schlampig und in falsch verstandener „Kollegialität“ gearbeitet haben, zieht die Gesundheitsbehörde ihr Gutachten zurück. Rechtsanwalt Wilhelm Funke übernimmt die Vertretung zahlreicher Geschädigter und zusammen mit ihm, dem Morgenpost Reporter Gerd-Peter Hohaus und einigen Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft arbeitet die Patienten-Initiative in mühsamer Arbeit gegen die Vertuschung an.

1985 und 1986 – Parlamentarische Untersuchungen

Daraufhin wird ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt, so genau wurde der Medizinbetrieb noch nie unter die Lupe genommen. Im Abschlussbericht sind etliche Beschlüsse enthalten: Einrichtung einer unabhängigen Patientenberatungsstelle, wirksame Qualitätskontrollen ärztlicher Tätigkeit, Abbau hierarchischer Strukturen in Krankenhäusern, Änderung der ärztlichen Berufsordnung – all das wird nur zum kleinen Teil umgesetzt und wirkt noch heute in der Rückschau innovativ und notwendig!
Die seit zwei Jahren ehrenamtlich tätige Patienten-Initiative gründet im September einen Verein und beansprucht die Trägerschaft für die von der Bürgerschaft gewünschte Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten.

1987 – Behörde will uns ausbooten

Die Gesundheitsbehörde hat andere Pläne: Sie will die Beratungsstelle bei der Verbraucherzentrale anbinden. Patienten-Initiative, Bürger und Medien protestieren; erfolgreich: Der Patienten-Initiative werden vier ABM-Stellen und Zuwendungen der Stadt bewilligt. Die Verbraucherzentrale startet ihre Patientenberatung mit ähnlichen Ressourcen.
Zivilrechtlich sind fast alle Bernbeck-Verfahren abgeschlossen: von den rund 270 Ansprüchen sind cirka 170 (66 %) zugunsten der Patienten entschieden worden. Rund 28 Millionen DM hat die Stadt und die Allianz als Haftpflichtversicherer von Bernbeck gezahlt. Im Strafverfahren gegen Prof. Bernbeck gab es eine Geldstrafe in Höhe von DM 7 000.

1988 – Beratungsstelle nimmt Arbeit auf

Die Patienten-Initiative mietet zum Jahresbeginn einen ehemaligen Laden im Stadtteil Winterhude an und setzt dort bezahlt ihre ganzheitliche Beratungs- und Betreuungsarbeit fort. Vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickeln Standards für die Unterstützung von Ratsuchenden rund um das Thema Gesundheit und Patientenrechte. Das „Profil Patientenberatung“ gibt es noch nicht, der Verein leistet Pionierarbeit. Die Gesundheitsbehörde lässt die Arbeit der Patienten-Initiative und Verbraucherzentrale wissenschaftlich begleiten.

1989 bis 1993 – neuer Medizinskandal

Das Gutachten bescheinigt beiden Einrichtungen gute Qualität und kommt zu dem Schluss, dass hohe Fallzahlen und beträchtliche Arbeitsüberlastung einen höheren Beratungsbedarf signalisieren als Patienten-Initiative und Verbraucherzentrale zusammen bewältigen können. Der konzeptionell ganzheitliche Arbeitsansatz der Patienten-Initiative wird als Ergänzung zur Arbeit der Verbraucherzentrale geschätzt.
Die Patienten-Initiative kann sich auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren und versucht ein Gleichgewicht zwischen den beiden Säulen der Patienteninteressenvertretung zu finden: individuelle Hilfe und Begleitung von Patienten und Vertretung ihrer Belange gegenüber den verantwortlichen Akteuren. Die Patienten-Initiative begleitet Schlichtungsverfahren, informiert bei dem Verdacht von Fehlerhäufungen die Ärztekammer, schaltet Behörden ein, unterrichtet Medien und fordert die Politik auf, für Patienteninteressen einzutreten.

Strahlenskandal am UKE

„Tödliche Strahlen im UKE“; diese Schlagzeile der Hamburger Morgenpost von Gerd-Peter Hohaus bringt im Juni 1993 den zweiten großen Medizinskandal ins Rollen. Im UKE haben der Chef der Radiologie Prof. Hübener sowie Prof. Frischbier Krebskranken über mehrere Jahre überhöhte Strahlendosen verabreicht. Wieder sind Hunderte Patienten betroffen, rund 320 Ansprüche werden gestellt.
Gerd-Peter Hohaus erhält für seine couragierte Berichterstattung den Wächterpreis der deutschen Tagespresse.
Die Patienten-Initiative unterstützt die Betroffenen und kann entscheidend dazu beitragen, dass die Behörde diesmal schneller handelt und die Patientinnen und Patienten rechtliche Beratung in Anspruch nehmen können.

1994 bis 1996 – Verlust der öffentlichen Förderung

Der Senat will eine Fusion der Patienten-Initiative unter dem Dach der Verbraucherzentrale erzwingen. In öffentlichen Protesten unterstützen Bevölkerung, GAL, CDU und AOK die Forderung der Patienten-Initiative nach einer eigenständigen Beratungsstelle, die von der Verbraucherzentrale nicht unterstützt und von der SPD abgelehnt wird. Die Mitglieder der Patienten-Initiative stimmen der Fusion nicht zu, um das eigene Profil nicht zu verlieren. Die Behörde streicht daraufhin die Zuwendungen.
Die Beratungsstelle der Patienten-Initiative kann nicht gerettet werden und muss Ende April 1995 schließen. Die Arbeit wird ehrenamtlich fortgesetzt. Die AOK stellt Räume zur Verfügung, denn die Patienten-Initiative hat kein eigenes Büro mehr. Die Beratung findet weiter telefonisch und persönlich an verschiedenen Orten statt.

Die Patienten-Initiative ist wieder da. Im Mai 1996 wird in der Preystraße zusammen mit dem Info-Winterhude eine kleine Geschäftsstelle eröffnet. Zweimal in der Woche werden wieder telefonische Sprechzeiten angeboten, persönliche Beratung ist möglich. Durch eine Förderung über das Schwerbehindertengesetz können zwei Berater*innen eingestellt werden.

1997 und 1998 – Pflegeberatung

Die Arbeit bekommt ein neues Schwerpunktthema: Beschwerden über ambulante und stationäre Pflege werden den Einrichtungen zurück gemeldet, Angehörige und Pflegebedürftige bei der Klärung unterstützt.
Mit Hilfe von kurzfristigen Projekten und Unterstützung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, dessen Mitglied die Patienten-Initiative seit dem 1.4.1997 ist, werden bis zum Herbst die fehlenden Personalkosten finanziert, können aber nicht dauerhaft abgesichert werden, so dass ein Mitarbeiter entlassen werden muss. In der Beratung 987 Erstkontakte und rund 1500 Folgekontakte dokumentiert.

Aus der Zusammenarbeit mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband entsteht das Projekt „Pflegelotse“, die Patienten-Initiative bietet Beratung für pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige an.

1999 – Start der Patientenberatung im Krankenhaus

Die Patienten-Initiative nutzt das 15jährige Bestehen für umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit. Ein Konzept zur Patientenberatung im Krankenhaus wird entwickelt und das Projekt [PI(K)] „Patienten-Initiative im Krankenhaus“ im Allgemeinen Krankenhaus St. Georg gestartet, mit finanzieller Unterstützung der Klinik und einer Anschubfinanzierung der AOK Hamburg.
Das Projekt „Pflegelotse“ läuft aus.

2000 – Umzug in den Goldbekhof

Das Projekt [PI(K)] Patienten-Initiative im Krankenhaus wird weiter entwickelt, das Klinikum Nord, Betriebsteil Heidberg steigt in das Projekt ein, das AK St. Georg verlängert den Vertrag um ein Jahr. Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer besucht das bundesweit erste Vorhaben dieser Art im AK St. Georg.
Die Patienten-Initiative zieht zusammen mit dem Info–Winterhude in neue Räume im Goldbekhof.
Der Verein erhält nach einer Ausschreibung der Sozialbehörde den Zuschlag im „Impulsprogramm Pflege“ für ein zweijähriges Projekt, dass die Beschwerdemöglichkeiten von Bewohnern in der stationären Altenhilfe stärken soll.
Am 26. September stirbt unerwartet der Rechtsanwalt Wilhelm Funke, der die Patienten-Initiative seit 1984 unterstützt und sich unermüdlich für die Rechte geschädigter Patientinnen und Patienten eingesetzt hat.

2001 – Broschüre wird ein Renner

Die [PI(K)] etabliert sich weiter im AK Nord, AK St. Georg und im Dezember kommt das AK Harburg hinzu. Die von [PI(K)] und dem LBK erarbeitete Broschüre „Einfach Ihre Entscheidung: Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung“ entwickelt sich zu einem „Renner“. Bestellungen aus dem gesamten Bundesgebiet gehen ein.
Die allgemeinen Beratungsangebote der Patienten-Initiative werden weiterhin ohne finanzielle Zuwendung geleistet, rund 600 Menschen kontaktieren die Beratungsstelle.

2002 – Allgemeine Sprechzeiten eingestellt

Die Sprechzeiten in der Beratungsstelle der Patienten-Initiative können nicht weiter aufrechterhalten werden.
Die [PI(K)] ist weiterhin im AK St. Georg, AK Nord, AK Harburg tätig. Das Angebot wird durch ein Konzept der aufsuchenden Arbeit direkt auf den Stationen ergänzt. Schwerpunkte bei den Beratungsanliegen sind die Bereiche Kommunikation, Entlassungsmanagement, Wartezeiten und Verdacht auf Behandlungsfehler.
In den Häusern Nord und Harburg werden mit großem Erfolg und in Kooperation mit der BKK Landesverband Nord Kurse zum Erlernen der Selbstuntersuchung der Brust durchgeführt.

2003 – Juristin leistet Patientenberatung

Die Beratungsstelle der Patienten-Initiative kann mit ehrenamtlicher Mitarbeit einer Juristin eine einmal wöchentlich stattfindende Sprechzeit anbieten.
In einem einjährigen Projekt stellt die Patienten-Initiative die fachliche Begleitung ehrenamtlicher Vertrauensleute für Beschwerden in Altenhilfe-Einrichtungen.
Die [PI(K)] im AK Nord wird erweitert um den Betriebsteil Ochsenzoll mit den Patient*innen der Psychiatrie.

2004 – Gustav Peter Wöhler gibt Benefizkonzert

Unter anderem durch einen Kooperationsvertrag mit der BKK Landesverband Nord konnte die ehrenamtlich engagierte Juristin für die Beratung der Patienten-Initiative in Teilzeit eingestellt werden.
Die Arbeit der [PI(K)] im AK St. Georg und AK Nord verliert Stunden und muss die Einsatzzeiten reduzieren. Regelmäßige Kontakte zum Pflegedirektorium, zum internen Beschwerdemanagement und Qualitätsmanagement werden intensiviert. Die [PI(K)] im AK Harburg arbeitet mit der neu eröffneten Tagesklinik der Kinder- und Jugendpsychiatrie zusammen.
Die Patienten-Initiative leitet Fortbildungen in Form von Kursen, Vorträgen und Veranstaltungen. In der Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen (BAGP) arbeitet die Patienten-Initiative aktiv mit.
Gustav Peter Wöhler und Band geben uns im Polittbüro ein umjubeltes Benefizkonzert: „Rocken, Schwitzen, Gutes tun!“

2005 – Hamburger Krankenhäuser werden verkauft

Der Kooperationsvertrag mit dem BKK Landesverband Nord wird verlängert und die Beratungsarbeit somit weiter gewährleistet.
Mit Förderung der ARD-Fernsehlotterie startet das Patiententelefon. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen bieten darüber Beratung und Begleitung zu Arzt- oder Gutachterterminen an.
Die Stadt verkauft ihre Krankenhäuser an die Asklepios Kliniken Hamburg GmbH.
In den Kliniken St. Georg und Nord arbeitet die [PI(K)] aufgrund von Budgetkürzungen mit reduziertem Stundenkontingent. [PI(K)] Harburg ist regelmäßig präsent im Patientencafé der Psychiatrie und wird gut in Anspruch genommen.
Die Patienten-Initiative bekommt ein neues Logo, entworfen und gespendet von der Firma Bethmann Design. Das Logo wird beim Patent- und Markenamt eingetragen und auch die Schreibweise des Namens wird geändert (Patienten-Initiative – gut beraten).

2006 – Trägerschaft für die UPD übernommen

Die Asklepios Klinik St. Georg kündigt die Zusammenarbeit mit der [PI(K)]. Schließlich kann die Patienten-Initiative erreichen, dass [PI(K)] fortan für alle sechs Asklepios Kliniken zuständig ist und die Büros in Harburg und Nord erhalten bleiben.
Im Juli wird die Patienten-Initiative Mitglied im Aktionsbündnis Patientensicherheit.
Ein großer Erfolg prägt das Jahr. Nach langen Verhandlungen übernimmt die Patienten-Initiative im Herbst die Trägerschaft für die regionale Beratungsstelle im Verbund Unabhängige Patientenberatung Deutschland GmbH – UPD, ein von den Spitzenverbänden der Gesetzlichen Krankenkassen gefördertes Modellprojekt. Auflage für den Zuschlag ist, dass eine Kooperation mit der Verbraucherzentrale Hamburg e.V. geschlossen wird, um Doppelstrukturen zu vermeiden.
Die Beratungsstelle der Patienten-Initiative bleibt an vier Tagen in der Woche mit überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen geöffnet.

2007 – Gremienarbeit nimmt zu

Im Februar bezieht die Unabhängige Patientenberatung Deutschland UPD, Beratungsstelle Hamburg Räume auf dem Alsterdorfer Markt.
Die Beratungsarbeit der Patienten-Initiative im Goldbekhof konzentriert sich verstärkt auf die Themen „vermutete Behandlungsfehler“ und „Beschwerden über Ärzte und Krankenhäuser“.
Obwohl die Finanzierung des Projektes für den Einsatz von Freiwilligen ausläuft, kann die Beratung weiterhin mit drei Ehrenamtlichen fortgeführt werden.
Ab August bietet die Patienten-Initiative eine Online-Beratung an.
Im März geht die neue Website geht ins Netz. Design: Firma Bethmann.
Die Gremienarbeit gewinnt an Bedeutung. Die Patienten-Initiative besetzt das Kuratorium der EQS (Externe Qualitätssicherung Hamburg) und andere EQS-Fachgremien.
Kerstin Hagemann wird in das Ethik-Komitee der Asklepios Klinik Barmbek berufen.
Die [PI(K)] ist seit August auch für das Asklepios Westklinikum Rissen tätig.

2008 – Geld für hauptamtliche Beraterin

Im Januar ist Kerstin Hagemann zum Neujahrsempfang des Bundespräsidenten in das Schloss Bellevue eingeladen, mit dem verdiente Bürgerinnen und Bürger ausgezeichnet werden.
Im Februar geht ein neues Vorhaben an den Start. Die Beratung für ältere türkische Migrantinnen und Migranten. Gefördert wird dieses Projekt im Seniorentreff Altona vom Hamburger Spendenparlament.
Die Sprechstunden im Goldbekhof werden dank der Zuwendung der Dr. Annemarie Walter Stiftung wieder mit einer hauptamtlichen Beraterin geleistet. So werden verlässlich gerade die Menschen begleitet, die keine Mittel haben, um kostenpflichtige Beratung in Anspruch zu nehmen.
Ein lautstarker Auftakt für die Jubiläumsaktivitäten: „Trude träumt von Afrika“ und „Sticks & Stöckl“ geben am 21. November ein ausverkauftes Benefizkonzert im Goldbekhaus. Moderiert von Detlef Wutschek haben die Besucherinnen und Besucher einen vergnüglichen Abend.

2009 und 2010 – Jubiläum der Patienten-Initiative und Schließung der UPD

Am 9. Januar feiert die Patienten-Initiative ihren 25-jährigen Geburtstag im goldbekHaus mit vielen Weggefährten und Freund*innen.
Im April findet die Podiumsdiskussion zum Thema „Patientenrechte – alles im Lot?“ statt.
23. April 2009: Besuch des Ersten Bürgermeisters Ole von Beust in der PI.
Am 15. September feiert die [PI(K)] vor dem ehemaligen Büro in der Asklepios Klinik St. Georg ihr 10jähriges Jubiläum.

Im März 2010 gibt der St. Pauli Down-Home Gospel Choir ein Benefizkonzert.
Die Förderperiode der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland läuft zum Jahresende aus. Über das seit dem Sommer laufende Bieterverfahren wird nicht fristgerecht entschieden, sodass die Beratungsstelle abgewickelt und das Büro geräumt werden muss. Die Mitarbeiterinnen müssen sich arbeitssuchend melden.

2011 – UPD kann weitermachen

Das Jahr startete erfolgreich. Die „alte“ UPD – Unabhängige Patientenberatung Deutschland gGmbh gewinnt die Ausschreibung um die Fortsetzung des Angebots für weitere fünf Jahre. Jetzt ist die Patientenberatung in die Regelfinanzierung der GKV verankert! Im April wird die Beratungsstelle auf dem Alsterdorfer Markt wieder eröffnet. Bis zum Jahresende klären die Beraterinnen knapp 2 800 Anfragen.
Zu Beginn des Jahres überraschen uns Interviewanfragen von Schülerinnen, die sich am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten zum Thema „Skandale“ beteiligen und über den „Bernbeck-Skandal“ schreiben wollten.
Im September findet die Veranstaltung: „Dürfen Ärzte ihrem Bauchgefühl trauen?“ viel Resonanz. In Kooperation mit der TK Landesvertretung Hamburg hat Dr. Wolfgang Gaissmaier vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung seine Erkenntnisse zu diesem Thema vorgestellt.
Die Patienten-Initiative e. V. zählt als Mitglied der BAGP (Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen und -Initiativen) zu den „benannten Patientenvertretungsorganisationen“, die in den Gremien der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens aktiv sind.
Fortgesetzt werden unsere Kooperationen mit den Asklepios Kliniken Hamburg GmbH, dem Kath. Marienkrankenhaus und der AOK Rheinland/Hamburg.

2012 – Barrierefreiheit in der ambulanten Versorgung

Über die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten mit dem Beschwerdemanagement in den Hamburger Krankenhäusern gibt es kaum Informationen. Die Patienten-Initiative konzipiert mit Unterstützung der HAW Hamburg einen Fragebogen, mit dem die Beschwerdeführer selbst Auskunft über ihre Erfahrungen geben können.
Mit einer Pilotstudie zur Barrierefreiheit in der ambulanten Versorgung in Hamburg konnte aufgezeigt werden, dass es sowohl an zugänglichen Informationen als auch einer ausreichenden Zahl an barrierefreien Arztpraxen in Hamburg fehlt. Daten, die zu barrierefreien Praxismerkmalen im Internet veröffentlicht werden, beruhen auf Selbstauskünften der Ärzte, sind unvollständig und unzuverlässig.
Wichtig ist, sich nicht nur auf bauliche Barrieren zu begrenzen, die Belange von Menschen mit Lernbehinderten oder Sinnesbeeinträchtigungen müssen genauso berücksichtigt werden.
Im März liest „Schwester Cordula“ Arztromane auf Einladung der Patienten-Initiative im Goldbekhaus. Es ist ein äußerst vergnüglicher Abend.

2013 – Patienten-Initiative im Krankenhaus endet

Das Jahr war von einer wichtigen Entscheidung geprägt. Nach fast fünfzehnjähriger Kooperation haben wir die [PI(K)] Patienten-Initiative im Krankenhaus zum Jahresende aufgegeben. Wir haben die Beschwerdewege für Patienten geebnet, die heute für alle Hamburger Krankenhäuser verbindlich gelten. Unser Angebot passte nicht mehr zu diesen Strukturen und so war es konsequent, das Vorhaben zu beenden.
Die Patientenberatung als wichtige Aufgabe unseres Vereins wird über die Trägerschaft der regionalen Beratungsstelle der UPD gewährleistet. Der hohe Anteil in der Beratung mit komplexen Fragestellungen zum Beitragsrecht ist auffällig.
Im Februar trat das Patientenrechtegesetz in Kraft. Es ist kaum mit substanziellen Verbesserungen verbunden. Wir konnten mit einer Zuwendung von Aktion Mensch eine Broschüre über die wichtigsten Patientenrechte in leichter Sprache herausgeben. Rechtsanwalt Oliver Tolmein hat den Text verfasst. Das Heft ist in einer Auflage von 2 000 Exemplaren erschienen und war ruckzuck vergriffen. Bemühungen, eine 2. Auflage zu finanzieren, waren leider nicht erfolgreich.
Die finanzielle Absicherung der Patienten-Initiative steht nach wie vor auf der Tagesordnung. Zeitlich befristete Projekte, reichen nicht aus, um die Arbeit zu gewährleisten. Aus Kostengründen haben wir die Geschäftsstelle im Goldbekhof – schweren Herzens – zum Jahresende aufgegeben.
Mit dem Titel: „Gutes tun mit guter Musik! Gute Musik für gute Beratung!“ unterstützte die UKW-Band die Patienten-Initiative. Im August gab es in der Bühne zum Hof einen gut besuchten und umjubelten Abend zusammen mit der 16-köpfigen LoLaBand.

2014 – Barrierefrei – wir sind dabei!

Trotz zahlreicher Informations- und Bewertungsportalen im Internet existieren keine verlässlichen Angaben zur Barrierefreiheit in Arztpraxen und Krankenhäusern.
Dabei ist das dringend erforderlich, denn Menschen mit Behinderungen ist der Zugang zu Einrichtungen der gesundheitlichen Versorgung erschwert. Im Februar startete unser Projekt zur Erhebung der Barrierefreiheit in den Asklepios Kliniken Hamburg und konnte erfolgreich zum Jahresende mit einer Fotoausstellung abgeschlossen werden.
Nun wollen wir uns dem ambulanten Bereich zuwenden und mit einer Bestandsaufnahme der Daten zur Barrierefreiheit in den Hamburger Arzt- und Zahnarztpraxen für mehr Transparenz sorgen. Zuverlässige Informationen ermöglichen Menschen mit Behinderung, ihr Recht auf freie Arztwahl wahrzunehmen. Die Hamburger Landeskonferenz Versorgung hat eine AG damit beauftragt, konkrete Maßnahmen zur Verbesserung vorzuschlagen.
Nach der stark nachgefragten Broschüre zum Patientenrechtegesetz haben wir gefördert von Aktion Mensch mehrere Filme in deutscher Gebärdensprache zu den wichtigsten Patientenrechten produzieren lassen. Diese sind auf unserer Website zu sehen.

In unserer Beratungsstelle der UPD sind 2014 insgesamt 3.469 Beratungen geleistet worden.
Die Teilnahme an der Ausschreibung des GKV-Spitzenverbandes für den nächsten Förderzeitraum von dann sieben Jahren ist Ende 2014 vorbereitet worden, eine Entscheidung wird Mitte 2015 erwartet.
Auf der Jahresmitgliederversammlung ist der Vorstand neu gewählt worden. Regina Beuck, Sonja Chevallier, Dr. Katharina Juhl und Susanne Wehowsky sind wiedergewählt worden. Neu hinzugekommen ist Astrid Burkhardt.

2015 – wir verlieren die UPD

Das Jahr war von dem Ausschreibungsverfahren um die Förderphase der UPD 2016 bis 2021 geprägt. Unsere Bietergemeinschaft unternahm erhebliche Anstrengungen, um die vom GKV-Spitzenverband gesetzten Bewerbungskriterien zu erfüllen, obwohl diese erheblich von dem erfolgreichen Konzept „unserer UPD“ abwichen. Es hat nichts genützt: Den Zuschlag hat die Sanvartis GmbH bekommen, ein Unternehmen, das die Anforderungen an unabhängige und nicht gewinnorientierte Patientenberatung nicht erfüllt. Das Netz an unabhängiger, kompetenter und qualitätsgesicherter Patientenberatung ist zerschlagen.
Bestanden hat die unabhängige Patientenberatung seit 2006 – zunächst als Modellprojekt und seit 2011 als Teil der gesetzlichen Regelversorgung. Alleine in der zweiten fünfjährigen Förderphase hat die UPD rund 400.000 Beratungsgespräche geführt.
Anfang Dezember haben wir zur Schließung der Beratungsstelle zu einer Abschiedsfeier eingeladen. Die Gäste zeigten ihre Wertschätzung für gute Arbeit und große Skepsis, ob der neue Betreiber unabhängig beraten wird.

Das Projekt zur Stärkung der Barrierefreiheit in den Asklepios Kliniken Hamburg ist zum Jahresende ausgelaufen. Die Fotoausstellung aus 2014 ist im Laufe des Jahres durch alle Kliniken „gewandert“.

In Kooperation mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband Hamburg und Förderung der AOK Rheinland/ Hamburg ist im November ein Modellprojekt zur Barrierefreiheit in Arztpraxen an den Start gegangen.
Das einjährige Vorhaben sollte aus den vorliegenden Kriterien zur Barrierefreiheit eine Checkliste entwickeln, mit der in Arztpraxen die Gegebenheiten erfasst werden können. Und zwar so detailliert, dass die Informationen ausreichen, um als Patientin und Patient mit Behinderung vor dem Besuch in der Praxis entscheiden zu können, ob der Zugang möglich ist.

2016 – Projektstart zur Barrierefreiheit in Arztpraxen

Theaterintendantin und Ärztin Isabella Vertés-Schütter konnte als Schirmherrin für unser Projekt zur Barrierefreiheit in Arztpraxen gewonnen werden. Auf einer gut besuchten Pressekonferenz ist im März das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Die Berichterstattung bescherte uns von Patientenseite viel Lob, aber nur einige wenige Praxen-Empfehlungen. Wir waren mit der Entwicklung und Erprobung der Checkliste für die Erhebungen in Arztpraxen gut beschäftigt.

Die im November als Abschluss des Projekts geplante Veranstaltung im Ernst Deutsch Theater war dann eine gut besuchte Zwischenbilanz, denn die AOK hat die Förderung bis 2018 verlängert.

Im ersten Jahr ohne „unsere UPD“ und damit ohne gut erreichbare Patientenstelle für Hamburg, haben wir eine erhöhte Nachfrage von Ratsuchenden verzeichnet. Bei vermuteten Behandlungsfehlern konnten wir häufig Unterstützung bieten oder zu anderen regionalen Anlaufstellen vermitteln.

Das Marienkrankenhaus hat unsere Empfehlung aufgenommen, Patienteninformationen in Leichter Sprache zu veröffentlichen. Zuerst geht es um Thema „Aufnahme“.

2017 – Wo ein Willi ist, ist ein Weg

Das Vorhaben zur Erfassung barrierefreier Kriterien in Arztpraxen stand im Mittelpunkt der Tätigkeit. Es ging vor allem darum, möglichst viele Praxen besuchen zu können und gleichzeitig die Veröffentlichung der erhobenen Daten vorzubereiten. Ein Prototyp der WebApp lag zur Jahresmitte vor.

Der zeitliche Aufwand pro Besuch einer Arztpraxis hat sich mit zunehmender Routine verringert. Mitarbeiter*innen werden lediglich für die Fragen zur Praxisorganisation beansprucht, maximal sind das 15 Minuten. Insgesamt dauert eine Praxiserhebung inklusive den Daten zur Umgebung ein bis eineinhalb Stunden.

Im Januar haben wir in einem Gespräch mit der Patientenbeauftragten der KV Hamburg erörtert, unsere Daten in die Arztsuche der KV zu integrieren. Hier wurde grundsätzlich Zustimmung signalisiert. Auch die Ärztekammer will in ihrer Arztsuche die von uns begangenen Praxen markieren, sodass sichtbar ist, dass hier Detailinformationen zur Barrierefreiheit vorliegen.

Wir luden in die Zinnschmelze zur Lesung „Wo ein Willi ist, ist auch ein Weg“ von und mit Birte Müller. Die Autorin war wenige Tage vor unserer Veranstaltung mit dem “Hamburger Tüddelband” ausgezeichnet worden.

Seit 2004 sind Patientenvertreter an Gremien der Gemeinsamen Selbstverwaltung beteiligt (§ 140f SGB V), das erfordert immer mehr Aufwand für Organisation und Koordination, die in Hamburg ehrenamtlich geleistet wird. Das geht aber auf Dauer nicht.
Für die Unterstützung der Patientenvertreter*innen auf Bundesebene gibt es seit zehn Jahren eine Stabsstelle mit fünf Vollkräften. Nur in den Ländern nicht. Zwar hat der Gesetzgeber das erkannt und mit Absatz 7 des § 140f eine Lösung versucht, die jedoch völlig unzureichend ist und von den Selbstverwaltungspartnern in Hamburg bisher nicht so umgesetzt wird, dass uns damit geholfen wäre.

Die Patientenvertreter sind darum am 1. Juli in den Streik getreten. Obwohl kein greifbares Ergebnis da war, haben wir den Streik zum Jahresende beendet.

Die Kooperation mit dem Marienkrankenhaus wird mit der Erarbeitung einer Patienteninformation in Leichter Sprache zum Thema „Patientensicherheit“ fortgesetzt.

Eine besondere Überraschung dann zum Jahresende. Kerstin Hagemann hat im Schloss Bellevue das Bundesverdienstkreuz bekommen. Geehrt wurde ihr Einsatz für Patient*innen und ihre Rechte. Anlässlich dieser Auszeichnung haben wir darauf hingewiesen, dass die Unabhängige Patientenberatung Deutschland, UPD, von den Krankenkassen neun Millionen Euro jährlich erhält, aber keine konkrete Hilfe bei Behandlungsfehlerverdacht leistet.

2018 – Die WebApp geht an den Start

Die Web-App zur Arztsuche ist veröffentlicht und Gespräche zur Weiterführung des Projekts mit öffentlichen Zuwendungen sind angelaufen.

Rückenwind gab es aus der Politik. Geplant sind Verbesserungen für Menschen mit Behinderung im Terminservice- und Verwaltungsgesetz. Das Thema Barrierefreiheit ist 10 Jahre nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im öffentlichen Bewusstsein angekommen.

Die WebApp wurde auf der Veranstaltung „Gesucht – gefunden“ im resonanzraum im Bunker an der Feldstraße am 17. April 2018 präsentiert. Unter planB.hamburg ist es nun möglich, eine Suche nach einer Praxis zu starten. Auf der gut besuchten Abendveranstaltung haben wir die Web-App gezeigt und mit einer Podiumsdiskussion unseren politischen Forderungen Gehör und Nachdruck verliehen.

Das Ziel, die Integration und öffentliche Förderung nach Ablauf des von der AOK geförderten Vorhabens zu erreichen, zog sich als roter Faden durch das Jahr, wir konnten kein konkretes Ergebnis erzielen. Erklärt wurde von Behördenseite lediglich die Absicht, das Vorhaben räumlich ab 2020 ins „Haus der Barrierefreiheit“ einzubeziehen.

An der misslichen Situation der Patientenvertretung Hamburg hat sich immer noch nichts verbessert. Im Gegenteil: Im Februar 2018 hat Christoph Kranich nach 14 Jahren das Amt der Koordination niedergelegt. Damit lag die Arbeit praktisch brach.

Das Marienkrankenhaus will weitere Patienteninformationen in Leichter Sprache herausgeben. Als nächstes ist ein Heft zum Thema Entlassung und Nachsorge geplant.

Die Asklepios Kliniken Hamburg GmbH haben in allen Kliniken Qualitätszirkel zum Thema Patientenzufriedenheit eingerichtet. Wir haben den Auftrag, diese meist monatlich stattfindenden Treffen zu begleiten und Anregungen aus Perspektive der Patientenvertretung zu geben.

Wir sind der Annemarie Walter Stiftung für die zuverlässige Unterstützung dankbar, mit dieser Hilfe bieten wir eine Beratung zum Thema ärztliche Behandlungsfehler. Die Zuwendung ist der Grundstock für den Unterstützungsfonds für Patientinnen und Patienten, die finanzielle Hilfe bei der Klärung und Durchsetzung von Ansprüchen benötigen.

2019 – Umfangreiche Projektdokumentation

Wir konzentrierten uns auf die Absicherung des Vorhabens, da die Förderung über die AOK zum Jahresende eingestellt werden musste. Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz  hatte im Vorjahr die Finanzierung unter der Maßgabe zugesichert, dass sich die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg ebenfalls engagiert. Das ist nicht gelungen. Die Behörde hat uns dennoch eine Zuwendung für das erste Halbjahr2020 zugesichert, um Zeit für weitere Verhandlungen zu haben.

Seit Mitte 2018 arbeiteten wir an der Idee, einen Stadtteil von Hamburg komplett zu erheben. Durch die Zusammenarbeit mit der Gesundheits- und Pflegekonferenz Altona in der AG Barrierefreiheit fiel die Wahl auf den Stadtteil Ottensen und angrenzende Straßen. 171 Praxen erhielten einen Brief zusammen mit einem Flyer des Projektes „Barrierefrei. Wir sind dabei“. Die Reaktionen waren enttäuschend: es meldeten sich lediglich 4 Praxen.

Vier Jahre Projektarbeit wurden in einer umfangreichen Dokumentation mit vielen Statements beteiligter Akteur*innen zusammengefasst. Wir danken dem Miniaturwunderland, hier haben wir in der Ausstellung Fotos aufgenommen, die nun den Text treffend illustrieren.

Hamburg hat eine Vielfalt kultureller Einrichtungen, aber welche sind mit dem Rollstuhl zugänglich, wo gibt es Audiodiskription, Gebärdensprache oder andere Angebote, die Menschen mit Behinderung Teilhabe ermöglichen? Informationen dazu sind zwar zu finden, aber mitunter auf verschlungenen Wegen, nur für bestimmte Zielgruppen und nicht unbedingt barrierefrei präsentiert. Wir wollen die Daten zur Barrierefreiheit auf einer barrierefreien Website veröffentlichen. Diese Aufgabe wird seit November von Aktion Mensch gefördert.

Die Verhandlungen um eine Stabsstelle für die Hamburger Patientenvertretung sind nicht voran gekommen. So ist der Entschluss gereift, unter diesen Bedingungen unsere Arbeit in der Patientenvertretung nicht fortzusetzen. Für die Interessen von Patient*innen werden wir uns selbstverständlich weiterhin engagieren.

In der Patientenberatung müssen wir uns auf  Fragen bei vermuteten Behandlungsfehlern konzentrieren.
Für den Unterstützungsfonds gibt es jetzt einen Flyer, mit dem das Angebot vorgestellt und um Spenden geworben wird.

Das Hamburger Spendenparlaments förderte die Barrierefreiheit für unsere Website: Mit der Software „Read-Speaker“ werden die Inhalte auf der Website nun vorgelesen.

2020 – Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg

Die Gesundheitsbehörde sicherte mit einer Zuwendung die Fortsetzung der Arbeit im Projekt „Barrierefreiheit in Arztpraxen“ und schließlich einen Kooperationsvertrag mit der KassenärztlichenVereinigung Hamburg  zur Beratung von Arztpraxen zu diesem Thema. Das Angebot startete im Oktober.

Im Januar starteten wir die gezielte Ansprache von gynäkologischen Praxen. Wir wandten uns unter anderem schriftlich an die Vorsitzenden des Berufsverbandes der Frauenärzte in Hamburg. Im Anschreiben gingen wir auf die Situation von Frauen mit Behinderung ein, die keine passende Praxis finden. Es gab keine Reaktion. Eine gynäkologische Praxis mit einem Hebelifter zum Umsetzen für Patientinnen auf den Untersuchungsstuhl haben wir bisher noch immer nicht gefunden.

In der Oktober-Ausgabe des KV-Journals erschien ein umfangreicher Schwerpunkt-Artikel mit Statements von Ärzten, einer Beschreibung des Inhaltes der Kooperation und Vorgehensweise der Patienten-Initiative, sowie einem ausführlichen Interview mit den Mitarbeiterinnen des Projektes.

Anfang März erschien in der Zeitschrift Rollstuhl-Kurier ein Interview zum Projekt „Barrierefreiheit in Arztpraxen“ mit Karen Müller. Im Mai berichteten als Reaktion auf eine Kleine Anfrage der LINKEN im Bundestag etliche überregionale Medien über die mangelnde Zugänglichkeit von Arztpraxen. Es gab dazu etliche telefonische redaktionelle Nachfragen.

Die Mitgliedschaft in der BAGP ist nun beendet. Schweren Herzens, denn wir fühlen uns der unabhängigen Patientenvertretung verbunden. So hat Hamburg jetzt nur noch drei vertretungsberechtigte Organisationen: KISS, Verbraucherzentrale und die LAG.

Es hatte einen sehr langen Vorlauf, aber Ende des Jahres hat die Sozialbehörde unsere Broschüre „Patientenrechte – Einfach erklärt“ aktualisiert neu aufgelegt.

2021 – die Weichen sind gestellt

Wir haben die Weichen für eine Neuausrichtung unseres Vorhabens für mehr Barrierefreiheit in Arztpraxen gestellt. Eine der Trägerorganisationen des Kompetenzzentrums für ein barrierefreies Hamburg wird das Projekt übernehmen. Die LAG Hamburg (Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen e.V.) hat sich bereit erklärt, unsere vertraglichen Verpflichtungen zu übernehmen und das Vorhaben fortzusetzen.

Mit Stand vom 28. Dezember 2021 sind in der WebApp planB.hamburg insgesamt 200 Praxen gelistet, davon sind 34 Zahnarztpraxen. Im Beteiligungsverfahren zum Hamburger Landesaktionsplan zur UN-BRK haben wir in den Veranstaltungen und in der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege unsere Expertise eingebracht.

Ratsuchende wandten sich mit vermuteten Behandlungsfehlern, Fragen zur Schutzimpfung und Kritik an den Corona-Besuchsregelungen in Klinken und Pflegeeinrichtungen an uns. Insgesamt haben die Belastungen in der Pandemie anderes in den Hintergrund rücken lassen.

Begutachtungskommission bei der Ärztekammer Hamburg 

Die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen Hannover zur außergerichtlichen Klärung von vermuteten Behandlungsfehlern hat ihre Arbeit eingestellt. Die Landesärztekammern sollen nun selbst Verfahren zur Schlichtung einrichten. Die Hamburger Ärztekammer hat das umgesetzt. Das Verfahren ist nach den gleichen Grundsätzen wie bei der Schlichtungsstelle strukturiert, allerdings mit dem sehr entscheidenden Unterschied, dass es ausschließlich digital abläuft. Nach unserer Überzeugung muss ein Verfahren bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts die Teilhabe barrierefrei ermöglichen.

Richtlinie „Auskünfte Barrierefreiheit in Arztpraxen“

Im DVPMG ist festgelegt, dass die Kassenärztlichen Bundesvereinigung bis zum 31. Dezember 2021 eine Richtlinie zur Gewährleistung einer bundesweit einheitlichen und vollständigen Bereitstellung von Informationen nach Abs. 1a S. 2 auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen haben (vgl. § 75 Abs. 7 S. 1 Nr. 3a SGB V).

Die Patienten-Initiative e.V. hat an der dafür eingerichteten AG bei der KBV, koordinierend vom Deutschen Behindertenrat, teilgenommen. Unsere Kooperation mit der KV Hamburg und die WebApp mit der Suchmöglichkeit nach unterschiedlichen Beeinträchtigungen gelten bei der KBV als Leuchtturmprojekt.

2022 – Entscheidungen sind getroffen

Nach dem I. Quartal haben wir das Projekt zur Barrierefreiheit in Arztpraxen an die LAG Hamburg abgegeben. Auch die „KulturPerlen“ haben ein neues Dach bei der dem Verein „Orte für Alle e.V.“ gefunden.

Die WebApp „gehört“ auch nach Übergabe des Projekts an die LAG der Patienten-Initiative. Da die Zukunft des Vorhabens ungewiss schien, wollten wir die Rechte an der App, in deren Entwicklung viel Zeit und Geld steckt, nicht abgeben. Ende 2022 waren in der WebApp insgesamt 232 Praxen gelistet.

Weiterhin arbeiten wir in der Bergedorfer AG zur „guten Praxis“ mit. Es geht um subjektive Qualitätsmerkmale aus Sicht der Patienten*innen und ihrem Unterstützungssystem sowie um die Bedarfe aus Perspektive der Arztpraxen.

Das Thema der ambulanten gynäkologischen Versorgung von Frauen mit Behinderung beschäftigt uns weiter. Ziel ist, dass Hamburg künftig mindestens eine Praxis bekommt, die alle Bedingungen für die medizinische Versorgung von Frauen mit Behinderung erfüllt.

In der Patientenberatung gab es immer noch Fragen zu Corona und zunehmend stellte sich die schlechte Erreichbarkeit von Arztpraxen als ein Ärgernis dar. Viele Praxen verweisen mit einer Bandansage darauf, Termine online zu vereinbaren. Das grenzt Patient*innen aus, die nicht die erforderlichen Endgeräte und Kompetenzen haben, um digitale Angebote zu nutzen.

Es ist ein Widerspruch: Die Probleme im Gesundheitswesen verschärfen sich und die Vertretung von Patienteninteressen ist trotzdem heute schwächer als noch vor wenigen Jahren. Die Kosten steigen, Leistungen werden gekürzt und es fehlt an Pflegekräften und Ärzt*innen. Es gibt sowohl eine Über- als auch Unterversorgung und an dem Verhalten nach tatsächlichen oder vermuteten Behandlungsfehlern hat sich seit Gründung der Patienten-Initiative grundlegend nichts verbessert.

Wir werden unsere Arbeit aller Voraussicht nach zum Jahresende 2023 beenden. Es ist nicht gelungen, Nachwuchs für diese wichtige Arbeit der Interessenvertretung zu finden. Viele der bekannten Strukturen in der Selbsthilfe haben sich „überlebt“, Corona und die Digitalisierung haben diesen Prozess beschleunigt.