BAG SELBSTHIFLE fordert Neuregelungen im SGB V 

Finanzierungsstopp der Koordinierungsstelle aller Patientenorganisationen entzieht Umsetzung der Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen die Grundlage

Düsseldorf/Berlin, 02.02.2023. Die maßgeblichen Patientenorganisationen nach § 140f SGB V sorgen seit fast 20 Jahren für eine wirkungsvolle und kompetente Vertretung der Belange von Patient*innen in zahlreichen Gremien des Gesundheitswesens. Dies ist nur durch die Organisation des Beteiligungsgeschehens seitens der BAG SELBSTHILFE als Koordinierungsstelle möglich. Ihre Arbeit ist für die Organisation der Patientenbeteiligung vor allem auch im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) existenziell, denn zur Regelung der Beteiligung gehört das Monitoring aller Vorgänge in gesetzlich benannten Gremien wie dem G-BA, Zulassungs- oder Qualitätssicherungsausschüssen, die Suche nach geeigneten Patientenvertreter*innen, die Prüfung der Eignung und Unabhängigkeit vorgeschlagener Personen und die ordnungsgemäße Herstellung des Einvernehmens jeder einzelnen Benennung in Hunderten von Gremien und Tausenden von Sitzungen jedes Jahr. Der hiermit verbundene personelle Aufwand wurde bislang im Wege der Projektförderung durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Der nun geplante Finanzierungsstopp bedeutet das Aus für die zukünftige Beteiligung der Interessensvertretung aller Patient*innen in den entscheidenden Gremien des Gesundheitswesens.

„Bei Regierungsantritt wurde im Koalitionsvertrag eine Weiterentwicklung der Patientenbeteiligung angekündigt. Es ist für uns schlichtweg nicht nachzuvollziehen, warum das Gesundheitsministerium mit dem jetzt eingeleiteten Vorhaben, der Umsetzung zur Patientenbeteiligung jegliche Grundlage entzieht. Es müssen umgehend entsprechende Regelungen im SGB V geschaffen werden, die eine stabile Refinanzierung der Arbeit der Koordinierungsstelle Umsetzung der Patientenbeteiligung auf der Bundesebene ermöglichen. Gleiches gilt auch für die Patientenbeteiligung auf der Landesebene, die ebenfalls fast überall von der Selbsthilfe geschultert wird“, fordert Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE und Sprecher des Koordinierungsausschusses der Patientenvertretung im (G-BA).

Bei ihrer Forderung wird die BAG SELBSTHILFE von den maßgeblich anerkannten Patienten – und Selbsthilfeorganisationen, wie dem Deutschen Behindertenrat (DBR), der BundesArbeitsGemeinschaft der PatientInnenstellen (BAGP), der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. und der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. unterstützt, die sich mit einem entsprechenden Brief an den Finanzminister gewandt haben, denn von dem Finanzierungsstopp der Koordinierungsstelle sind sie gleichermaßen betroffen.

Patientenorientierung im Gesundheitswesen ist nur mit der Selbsthilfe und nicht gegen die Selbsthilfe möglich. Die Zahl der Gremien und Beteiligungsformen, die der Gesetzgeber für die Interessenvertretung der Betroffenen vorgesehen hat, ist stetig gewachsen. Inzwischen kann man auf Bundes-, Landes-, kommunaler und sogar der europäischen Ebene von Hunderten verschiedener Möglichkeiten der strukturierten und geregelten Beteiligung ausgehen. Allein im G-BA sind derzeit mehr als 250 sogenannte sachkundige Personen als Patientenvertreter:innen im Einsatz. Diese Aufwände für die Organisation der Interessenvertretung und der Patientenbeteiligung dürfen nicht länger als „nicht förderfähig“ abqualifiziert werden“, betont Dr. Martin Danner.

Pressemeldung der BAG SELBSTHILFE

 

12. Februar 2023 by Redaktion
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Arztpraxen müssen barrierefrei sein!

Berlin. Anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte die Bundesregierung in der nachfolgenden Pressemitteilung auf, die Weichenstellungen für ein inklusives Gesundheitssystem rasch vorzunehmen.

„Menschen mit Behinderungen sind besonders auf medizinische Unterstützung angewiesen, können sie aber oft nicht in Anspruch nehmen, weil Arztpraxen nicht barrierefrei sind“, sagt Britta Schlegel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Instituts. Das Gesundheitswesen müsse inklusiver und barrierefreier werden – und zwar flächendeckend. Das umfasse nicht nur den Abbau von physischen Barrieren, sondern auch von kommunikativen Hürden, etwa für Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen. „Wer im Gesundheitsbereich arbeitet, muss die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen kennen und auf sie eingehen können. Weil das vielerorts nicht der Fall ist, sind Aus- und Weiterbildungsangebote für medizinisches Personal dringend notwendig,“ so Schlegel.

Das Institut fordert deshalb die zügige Entwicklung des im Koalitionsvertrag vorgesehenen „Aktionsplans für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen“. Damit der Aktionsplan tatsächlich Verbesserungen bewirken kann, müssen Menschen mit Behinderungen aktiv an seiner Erstellung beteiligt werden. „Das Bundesgesundheitsministerium sollte die Expertise von Menschen mit Behinderungen bei der Erstellung des Aktionsplans von Anfang an einbeziehen“, fordert Schlegel.

Laut Bundesteilhabebericht 2021 sind lediglich 21 Prozent der Arztpraxen für Menschen, die einen Rollstuhl nutzen, zugänglich und nur 13 Prozent erfüllen mindestens ein weiteres Kriterium der Barrierefreiheit wie höhenverstellbare Untersuchungsmöbel oder barrierefreie Sanitäranlagen. Ein Überblick über die Barrierefreiheit von Arztpraxen auf der Grundlage eines bundesweit einheitlich definierten Kriterienkatalogs, der alle Arten von Beeinträchtigungen berücksichtigt, fehlt bislang.

02. Februar 2023 by Redaktion
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Hamburg hat keine gesicherte Patientenbeteiligung

Die LAG für behinderte Menschen fordert Umsetzung des Stärkungsgesetzes

Zum 3. Dezember, dem internationalen Tag der Menschen mit Behinderung, mahnt die Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen (LAG) die Umsetzung des Versorgungsstärkungsgesetzes für die Beteiligung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen an. Die LAG gehört zu den Organisationen der Patientenvertretung auf Landesebene, die eine professionelle Koordination einfordert für die Werbung, Schulung und Unterstützung der ehrenamtlichen Patientenvertreterinnen und –Vertreter. Ihre Beteiligung ist in diversen ärztlichen und (zahn)ärztlichen Landes- und Versorgungsgremien, Zulassungs- und Berufungsausschüssen vorgesehen, aber ohne professionelle Zuarbeit überhaupt nicht leistbar.

„Seit drei Jahren stellt man uns eine Stelle in Aussicht, die die Beteiligung der Selbsthilfe in den Gremien unterstützt. Inzwischen ist hier eine große Lücke entstanden,“ so Kerrin Stumpf vom Vorstand der LAG. „Wie machen uns weiter gemeinsam dafür stark, dass die Stelle bei der Verbraucherzentrale entsteht, damit chronisch Erkrankte und behinderte Menschen ihre Gremienvertretung wieder wahrnehmen können.“

Die Kostentragung für die Unterstützung auf Landesebene für Abstimmungstreffen, Koordinierung insbesondere im Benennungsverfahren sowie Fortbildung oder Schulung der Patientenvertreter („in vergleichbarer Weise wie auf der Bundesebene“) liegt gesetzlich zu gleichen Teilen bei der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Verbänden der Krankenkassen und der Ersatzkrankenkassen. „In der Verhandlung steckt der Teufel im Detail“, so Stumpf. „Doch uns platzt der Kragen, wenn ohne Koordination des Ehrenamts die Rechte von Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen auf der Strecke bleiben.“ Die LAG erwartet zeitnah von den Verantwortlichen eine Lösung.

Hamburger LAG für behinderte Menschen

www.lagh-hamburg.de

Hintergrund: Die Beteiligungsrechte der Patientenvertretung sind durch das Gesetz definiert. Im Mittelpunkt stehen der § 140f SGB V und die Patientenbeteiligungsverordnung. Die für die Wahrnehmung der Interessen der Patient*innen und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen sind „maßgebliche Organisationen“ benannt worden, die auch auf Landesebene aktiv sind. In Hamburg sind das KISS, LAG und Verbraucherzentrale und Patienten-Initiative. Wir haben allerdings als Institution ohne öffentliche Förderung diese Funktion schweren Herzens aufgegeben, weil sie einfach ohne jede Finanzierung nicht zu leisten ist.

Für eine Sicherung der Patientenvertretung in Hamburg ist die geplante Stelle unerlässlich!

04. Dezember 2022 by Redaktion
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Unabhängige Patientenberatung Deutschland wird neu aufgestellt

Referentenentwurf zur Errichtung einer Stiftung vorgelegt

Oktober 2022 Die BAGP (Bundesarbeitsgemeinschaft der Patient*innenstellen) kommentiert:

Wir erhielten erst am 21.10. den seit Juni erwarteten Referentenentwurf zur Errichtung einer Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) vom BMG zur Kommentierung. Aus unserer Sicht ist dieser Gesetzesentwurf wenig brauchbar für eine Neugestaltung einer UPD, die laut Koalitionsvertrag „in eine dauerhafte, staatsferne und unabhängige Struktur unter Beteiligung der maßgeblichen Patientenorganisationen“ überführt werden soll. Den Wunsch, die UPD zu verstetigen und in ein Regelangebot zu überführen, befürworten wir. Allerdings sind die geforderte Staatsferne und Unabhängigkeit vom bisherigen Geldgeber – dem GKV Spitzenverband – nicht gelungen. Wir sehen in dem vorliegenden Referentenentwurf keine wesentliche Verbesserung in Bezug auf die mögliche Unabhängigkeit des Beratungsangebotes und sind sehr verwundert, wie der Gesetzgeber ausgerechnet eine Institution als Stifterin und Finanzier der UPD vorsieht, deren Mitgliedsverbände die gesetzlichen Krankenkassen sind – häufig Anlassgeber für Beratung und Beschwerden in der UPD.

Die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Staatsferne der neuen UPD wird aus unserer Sicht konterkariert, da im Stiftungsrat unter anderem Mitglieder des Bundestages, zweier Ministerien, des GKV Spitzenverbandes Bund und des PKV Verbandes sowie der Bundespatientenbeauftragte stimmberechtigt sind neben Patientenvertretern. Die Mitwirkung der maßgeblichen Patientenorganisation an der neuen UPD wird im Wesentlichen auf ein Vorschlagsrecht für den Vorstand und die nicht mehrheitsbestimmende Mitgliedschaft im Stiftungsrat begrenzt. Von einem Auftrag, dass die maßgeblichen Patientenorganisationen die UPD wieder zentral und regional betreiben sollen, ist keine Rede. Die Politik verpasst die Chance der Neugestaltung einer UPD, die am Beratungsbedarf der Ratsuchenden ausgerichtet sowie regional verankert und gut vernetzt ist.

Den vollständigen Text der Pressemitteilung findet ihr hier.

Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen teilt diese Einschätzung und fordert Nachbesserungen

02. Dezember 2022 by Redaktion
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Patient*innenrechte – Ärzt*innenpflichten

Die BAGP – Bundesarbeitsgemeinschaft der Patient*innenstellen – hat eine aktualisierte Version der Broschüre zum Thema „Patientenrechte – Ärztepflichten“ veröffentlicht. Sie kann als A4-Broschüre bestellt werden bei der BAGP (4 Euro Schutzgebühr plus Porto) oder hier eingesehen werden.

Broschüre Patientenrechte – Ärztepflichten, 68 Seiten (759 kb) Neuauflage 2022

31. Oktober 2022 by Redaktion
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Patientenrechte in Einfacher Sprache

Die Hamburger Sozialbehörde hat eine Broschüre „Ihre Rechte als Patientin und Patient in Einfacher Sprache“ aufgelegt.

Die schnell vergriffene Erstauflage haben wir vor Jahren herausgegeben und haben die Behörde bei der aktualisierten Neuauflage unterstützt. Autor des Textes war wieder Dr. Oliver Tolmein. Zu diesen Themen informiert das Heft:

  1. Ich komme nicht zu meinem Arzt
  2. Es dauert so lange, bis ich einen Termin bei einem Arzt oder einer Ärztin bekomme
  3. Ich verstehe meinen Arzt oder meine Ärztin nicht
  4. Mein Arzt oder meine Ärztin erklären nicht viel
  5. Wer bestimmt, was ein Arzt oder eine Ärztin bei mir machen darf?
  6. Was ist eine Zweitmeinung
  7. Was ist, wenn ich eine Betreuerin oder einen Betreuer habe?
  8. Was kann ich machen, wenn der Arzt einen Fehler gemacht hat?
  9. Ärztinnen und Ärzte müssen Ihnen die Behandlungsunterlagen geben
  10. Der Arzt will Geld von mir, obwohl ich eine Krankenversicherung habe
  11. Ich brauche einen Gebärdensprachdolmetscher, wer bezahlt den?
  12. Was ist eigentlich eine Patientenverfügung? Brauche ich das?
  13. Was kann ich machen, wenn ich mich beschweren möchte?

Die Broschüre steht als Download zur Verfügung! Bitte hier klicken.

Die Broschüre kann auch als Druckversion bestellt werden, schreiben Sie eine Mail an: publikationen@soziales.hamburg.de

25. Oktober 2022 by Redaktion
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Informationsangebote zur Pandemie in Hamburg

Stand: 01. November 2022

Für Fragen rund um das Coronavirus bietet die Freie und Hansestadt Hamburg sowie die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg digitale und telefonische Unterstützung an. Hier eine kurze Übersicht für Bürgerinnen und Bürger mit den wichtigsten Informationen. Bitte wendet euch bei Fragen an die entsprechende Stelle.

Fragen rund um eine Corona-Erkrankung
Arztruf 116 117

Corona-Hotline der Stadt Hamburg: 040 42828 4000

Informationen zur Corona-Impfung und Terminvergabe
Alle Informationen und Impfangebote: www.hamburg.de/corona-impfung

Fragen rund um das Testen
Übersichtskarte zu kostenlosen Schnelltests: www.hamburg.de/corona-schnelltest
Telefonische Terminvermittlung für einen Test-Termin bei Ärztinnen und Ärzten: Arztruf 116 117

Fragen zu den aktuellen Regelungen in Hamburg
Alle Infos zu Corona: www.hamburg.de/corona
FAQ: www.hamburg.de/faq-corona

 

17. März 2022 by Redaktion
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Patienteninformationen in Leichter Sprache

In unserer langjährigen Kooperation mit dem Katholischen Marienkrankenhaus Hamburg sind Broschüren in Leichter Sprache veröffentlicht worden, die die Klinik in Zusammenarbeit mit uns erstellt hat. Sie sind bei den Patient*innen sehr beliebt. 2016 hat das Projekt dafür die Auszeichnung „Wegbereiter der Inklusion“ im Gesundheitswesen bekommen.
Die Broschüren informieren leicht verständlich und mit farbigen Illustrationen über wichtige Fragen zur Aufnahme, zum Aufenthalt in der Klinik und zur Entlassung.

Auf der Website des Marienkrankenhauses können Sie einen Eindruck bekommen und den Text einsehen.

12. Februar 2022 by Redaktion
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Sozialhelden starten neues Projekt

Die Sozialheld*innen fordern die künftige Bundesregierung auf, einen barrierefreien Zugang zur Gesundheitsversorgung zu schaffen. Durch mangelnde Barrierefreiheit, fehlendes Wissen um seltene Erkrankungen und unzureichende Kommunikationsmöglichkeiten können Menschen mit Behinderungen noch immer die medizinische Grundversorgung nicht in vollem Umfang wahrnehmen. So sind laut einer Erhebung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aus dem Jahr 2019 nur knapp 26 Prozent der hausärztlichen und fachärztlichen Praxen in Deutschland barrierefrei zugänglich. Von 1.365 gynäkologischen Arztpraxen wurden laut einer Studie der Universität Bielefeld sogar nur 6 Prozent als barrierefrei erfasst.

„Es ist wirklich kaum zu glauben, dass es im Jahr 2021 noch immer kein Gesetz gibt, dass das Gesundheitswesen sektorenübergreifend zur Barrierefreiheit verpflichtet”, kritisiert Inklusionsaktivist Raul Krauthausen. „Und wenn ich von Barrierefreiheit spreche, meine ich nicht, dass der Eingang zur Arztpraxis keine Stufen hat.” Ein barrierefreier Zugang zu Gesundheit umfasse die Behandlung in verständlicher Sprache, verfügbare Gebärdensprachdolmetschung, flexible Untersuchungseinrichtungen und Personal, das im Umgang mit Menschen mit Lernbehinderungen und Mehrfachbehinderungen geschult ist, so Krauthausen weiter.

Die neue Regierung deutet im Koalitionsvertrag nur sehr vage an, dass sie das Problem der Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderungen auf dem Schirm hat. Neben allerlei anderer Lebensbereiche wolle man das öffentliche und private Leben auch im Gesundheitsbereich barrierefrei machen. Wie und wann – darüber schweigt sich die neue Regierung leider aus.

Der einzige konkrete Bezugspunkt: ein Aktionsplan für ein barrierefreies Gesundheitssystem soll erarbeitet werden. „Wir brauchen nicht den 48. Aktionsplan zum Thema Gesundheit, wir brauchen Taten”, erklärt Constantin Grosch von den Sozialheld*innen. „Bis heute gibt es nicht einmal einheitliche Erhebungen und Standards, mit denen Informationen zur Barrierefreiheit von Arztpraxen für Menschen mit Behinderungen zur Verfügung gestellt werden. Das muss sich schleunigst ändern.”

Ihrem Motto „Einfach mal machen” bleiben die Sozialheld*innen auch bei diesem Thema treu: Am 1. Dezember startete ein von der Robert Bosch Stiftung gefördertes Projekt, mit dem die Sozialheld*innen untersuchen, welche Informationen behinderte Menschen brauchen, um eine für sie geeignete haus- und fachärztlichen Praxis aufsuchen zu können. „Wir arbeiten daran, Standards für die Erfassung und Dokumentation von Barrierefreiheitskriterien in der Gesundheitsversorgung zu entwickeln, die sich an den Bedürfnissen der Patient*innen orientieren”, so Constantin Grosch. „Die neue Regierung muss dann dafür sorgen, dass es für Arztpraxen verpflichtend wird, Informationen über den barrierefreien Zugang zur Verfügung zu stellen. Und die Praxen müssen natürlich auch in der Lage sein, Menschen mit Behinderungen überhaupt adäquat versorgen zu können.”

Pressemitteilung der Sozialhelden vom 2.12.21

Kommentar

Das ist gut! Eine wissenschaftlich fundierte Untersuchung, welche Informationen Menschen mit Behinderung benötigen, um ungehindert eine Arztpraxis zu besuchen. Allerdings:  Das ist längst bekannt, diese Forderungen werden von Verbänden, Patienten- und Interessenvertretungen seit Jahren gebetsmühlenartig wiederholt. Ohne dass sich etwas bewegt. Genauso regelmässig sind die Zahlen zu lesen, dass nur ein kleiner Teil der Praxen als barrierefrei gelten. Exakte Daten gibt es allerdings nicht, denn die Informationen werden nicht erfasst, ja, nicht einmal die Kriterien der Barrierefreiheit sind einheitlich definiert. Was ist schon behinderten“gerecht“?

Wir haben mit unserem Projekt für mehr Transparenz in der ambulanten Versorgung die Kriterien zur Barrierefreiheit gesammelt, zusammen mit Menschen mit unterschiedlichen Bedarfen ergänzt, priorisiert und schließlich daraus eine Checkliste konzipiert, mit der die Informationen eindeutig erfasst werden. Inzwischen in den Arztpraxen erprobt und die Ergebnisse sind in der WebApp planB.hamburg nachzugucken. Ein Projekt, das Schule machen könnte, weil es einfach auf andere Regionen zu übertragen wäre. Es fehlt aber bei den verantwortlichen Akteuren an dem Willen, die ausgrenzenden Strukturen zu beenden. Das Wissen über die Probleme ist da, der Handlungsdruck, sie zu beheben, fehlt.

Wir brauchen nicht den 48. Aktionsplan zur Barrierefreiheit, sagt Constantin Grosch. Genau. Was wir brauchen ist eine Verpflichtung für den barrierefreien Zugang zur Gesundheitsversorgung. Das Recht auf freie Arztwahl gilt für alle Bürger*innen. Was muss getan werden, um die Rechte durchzusetzen? Wir hoffen, dass das Projekt der Sozialhelden mit der Robert-Bosch-Stiftung diese Frage beantworten wird.

kh, 23.12.21

 

23. Dezember 2021 by Redaktion
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Presseinformation zur neuen Richtlinie der KBV zur Barrierefreiheit in Arztpraxen

Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat Anfang des Monats eine neue bundeseinheitliche Richtlinie zur Barrierefreiheit von Arztpraxen beschlossen. Die Richtlinie legt fest, welche Auskünfte die Kassenärztlichen Vereinigungen für unterschiedliche Beeinträchtigungsgruppen erheben und bereitstellen müssen. Die KBV-Richtlinie ist somit die erste verbindliche Vorgabe auf Bundesebene für Auskünfte zur Barrierefreiheit von Arztpraxen und soll zum 1. Januar 2022 in Kraft treten. Für die kommenden Jahre sind weitere Entwicklungsstufen geplant, im Zuge derer unter anderem die Kriterien für blinde Menschen erhoben und zum 1. Januar 2023 ergänzt werden sollen.

Der Deutsche Behindertenrat (DBR) begrüßt grundsätzlich, dass die Vorgaben zur Barrierefreiheit nun erstmals bundeseinheitlich geregelt werden. „Es ist ein Schritt nach vorn“, sagt Dr. Martin Danner, Koordinator des DBR-Arbeitsausschusses, merkt jedoch kritisch an: „Die Richtlinie verfehlt ganz klar ihr Ziel, Patient*innen mit Behinderungen die Suche nach barrierefreien Arztpraxen zu erleichtern und eine gleichberechtigte medizinische Versorgung sicherzustellen. Umfang, Genauigkeit und Aufbereitung der Auskünfte reichen für eine umfassende Barrierefreiheit bei Weitem nicht aus.“
Dem Beschlussentwurf vorausgegangen waren drei Arbeitstreffen von Vertreter*innen der KBV und maßgeblicher Patientenorganisationen – darunter auch Mitglieder des DBR. Die DBR-Vertreter*innen zeigen sich enttäuscht darüber, dass Absprachen nicht eingehalten und Ergebnisse aus den Treffen kaum Berücksichtigung gefunden haben. Die individuellen Bedarfe und das Suchverhalten der Patient*innen werden nicht bedacht. Eine Weiterentwicklung der Richtlinie ist daher dringend und zwingend erforderlich.

Kritikpunkte des DBR an der verabschiedeten Fassung sind unter anderem:

  • Fehlende Kriterien: Die Richtlinie enthält keine Merkmale zur Barrierefreiheit für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. Zwar ist dies in einer weiteren Entwicklungsstufe geplant. Wann diese erfolgen soll, ist bisher nicht festgelegt.
  • Aufbereitung der Daten: Die Richtlinie weist Auskünfte zur Barrierefreiheit nicht anhand von Merkmalen aus, sondern fasst verschiedene Merkmale in Codes zusammen. Die konkreten Zugangsbedingungen vor Ort sind für Patient*innen damit nicht ersichtlich. Für Ärzt*innen bewirkt die Zusammenfassung, dass sie die Barrierefreiheit ihrer Praxis für eine bestimmte Beeinträchtigungsgruppe verneinen müssen, sobald ein Merkmal des entsprechenden Codes nicht erfüllt ist.
  • Veraltete Standards: Die erhobenen Daten zu einzelnen Merkmale entsprechen nicht dem aktuellen Stand der Technik.
  • Fehlende Objektivität: Die definierten Merkmale zur Erhebung der Daten können eine objektive Richtigkeit der Angaben nicht gewährleisten.

Darüber hinaus bleiben Fragen zur praktischen Umsetzung der Richtlinie offen. Nicht geklärt ist unter anderem, ob die Kassenärztlichen Vereinigungen eine Auskunftspflicht für praktizierende Ärzt*innen erwägen, wie sie die zugelieferten Informationen verifizieren und wie die Informationen für Patient*innen auf der Webseite aufbereitet werden.
Zu den offenen Punkten und Fragen werden der DBR und weitere Patientenorganisationen mit der KBV im Austausch bleiben und zusammen an der Ausgestaltung der Richtlinie arbeiten. Der DBR wird sich auch weiterhin kritisch und unterstützend einbringen.

08. Dezember 2021 by Redaktion
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